Mit dem Regierungsentwurf zum Standortfördergesetz (StoFöG) hat das Bundeskabinett am 10. September 2025 ein umfangreiches Paket zur Stärkung von Investitionen, zur Entbürokratisierung und zur Modernisierung der Finanzmarktregulierung auf den Weg gebracht. Neben steuer- und kapitalmarktrecht-lichen Maßnahmen enthält es auch Änderungen am Geldwäschegesetz (GwG), die insbesondere auf digitale Verfahren und eine wirksamere, risikobasierte Aufsicht der BaFin zielen.
Gesetzgebungsverfahren und Zeitplan
Der Regierungsentwurf wurde im September 2025 in den Bundestag eingebracht. Fachkreise rechnen mit einem Abschluss des parlamentarischen Verfahrens bis Ende Januar 2026 – spätere Detailänderungen sind möglich. Damit würden die GwG‑Anpassungen voraussichtlich im ersten Quartal 2026 nach Verkündung greifen, ungeachtet der Änderungen die das EU-Geldwäschepaket ohnehin in Zukunft mit sich bringen wird.
Digitalisierung der Kommunikation mit der Aufsicht
Kernstück ist die weitere Digitalisierung von Melde‑, Anzeige‑ und Berichtspflichten. Schon heute verlagert die BaFin Anzeigen (z. B. Bestellung/Abberufung von Geldwäschebeauftragten) in ein elektronisches Fachverfahren über die MVP‑Plattform; das StoFöG zielt darauf ab, solche digitalen Standards behördeneinheitlich zu verankern. Für Verpflichtete bedeutet das: einheitliche Verfahren, klare Schnittstellen und weniger Papier – bei zugleich höherer Nachweis‑ und Prozesssicherheit.
Regelmäßige Datenübermittlung für die risikobasierte Aufsicht
Die BaFin soll künftig regelmäßig bestimmte Daten zur Durchführung ihrer risikobasierten Aufsicht anfordern können (Ausgestaltung per Allgemeinverfügung). Für Institute und Versicherungsunternehmen bringt das planbare Reporting‑Zyklen, aber auch die Pflicht, AML‑relevante Datenmodelle und Governance zu schärfen (Data Lineage, Qualitätssicherungen, technische Exportpfade). Diese Linie passt zu den aktualisierten Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuA), die bereits stärkere, zyklisch definierte Aktualisierungspflichten und strukturierte Risikoanalysen betonen.
Erleichterungen bei der Identifizierung – Fokus Minderjährige
Ein praxisrelevanter Punkt ist die erleichterte Identifizierung von Kindern: Künftig genügt in bestimmten Konstellationen die Vorlage der Kopie einer Geburtsurkunde, sofern zusätzlich die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr) des Kindes erhoben wird. Der Hintergrund dieser Maßnahme ist der, dass die Steuer-IdNr eine eindeutige Zuordnung der Person ermöglicht. Sie wird allen in Deutschland gemeldeten Personen zugeteilt, bleibt lebenslang gültig und wird bei Neugeborenen automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) per Post mitgeteilt.
Wann liegt die Steuer‑ID eines Kindes üblicherweise vor – und wie kommt man daran?
Die IdNr wird nach der Geburt automatisch vergeben und in der Praxis „innerhalb weniger Wochen bis wenige Monate“ postalisch an die Meldeadresse versandt; seriöse Ratgeber nennen typischerweise einen Zeitraum von einigen Wochen bis rund drei Monaten. Falls die IdNr nicht mehr auffindbar ist, kann sie über das BZSt erneut angefordert werden (nur postalische Mitteilung aus Datenschutzgründen). Ebenso findet sich die IdNr oft in Steuerunterlagen der Eltern (z. B. Steuerbescheid).
Unsere Einordnung zur Kind‑Identifizierung:
Die Kombination aus Kopie der Geburtsurkunde und Steuer-IdNr ist eine sinnvolle, risikoadäquate Erleichterung: Sie senkt Hürden in standardisierten Retail‑Prozessen (z. B. Konto‑ oder Vertragsabschlüsse für Minderjährige) und reduziert Medienbrüche, ohne den eindeutigen Personenbezug zu verlieren. Für Verpflichtete bleibt entscheidend, die Verfahren in die institutsspezifische Risikoanalyse einzubetten, Plausibilitäts‑ und Sanktionslisten‑Checks sauber zu dokumentieren und – wo erforderlich – zusätzliche Verifikationsschritte (z. B. Abgleich der Sorgerechtslage) zu hinterlegen.
Transparenzregister und Bußgeldrahmen
Der politische Kurs ist zudem von einer präziseren Zugangssteuerung zum Transparenzregister geprägt (berechtigtes Interesse) und einer Fortentwicklung des Bußgeldrahmens – flankiert von digitalen Kommunikationspflichten und regelmäßiger Datenabfrage. Auch hier gilt: Die praktische Reichweite ergibt sich final aus dem verabschiedeten Gesetzeswortlaut und etwaigen BaFin‑Allgemeinverfügungen.
Was sollten Verpflichtete nach dem Finanzsektor und dem Nichtfinanzsektor jetzt tun?
1. Gap-Analyse der Melde- und Kommunikationsprozesse
Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz (GwG) – also nicht nur Banken, Versicherungen, Finanzdienstleister, sondern auch zahlreiche Nichtfinanzunternehmen wie Immobilienmakler, Güterhändler, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Kunstvermittler und viele mehr – sollten ihre heutigen Melde- und Kommunikationsprozesse mit Blick auf die künftigen Anforderungen an eine vollständig digitale Einreichung überprüfen.
2. Data Readiness für AML-Datenerhebung
Insbesondere Unternehmen des Finanzsektors (Banken, Versicherungen, Zahlungsdienstleister, Wertpapierinstitute etc.) müssen sich auf regelmäßige, strukturierte Datenabfragen der BaFin einstellen. Die BaFin kann per Allgemeinverfügung festlegen, welche Daten wann und in welchem Format zu melden sind. Auch für große Verpflichtete des Nichtfinanzsektors (z. B. große Immobilienmakler, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften) ist eine entsprechende Vorbereitung ratsam, da die Aufsichtsbehörden auch hier zunehmend auf digitale Meldewege setzen.
3. KYC-Kinderidentifikation
Alle Verpflichteten, die Konten, Verträge oder Geschäftsbeziehungen mit Minderjährigen eröffnen, sollten ihre Prozesse und Formulare zur Erhebung und Verifikation der Steuer-ID (IdNr) von Kindern anpassen und die erleichterte Vorlage der Geburtsurkunde (Kopie ausreichend) implementieren. Schulungen für Front- und Backoffice-Teams zu Sonderfällen (z. B. geteiltes Sorgerecht, ausländische Geburtsurkunden, fehlende IdNr) sind empfehlenswert.
4. Umsetzung der neuen digitalen Einreichungspflicht
Nach § 51 Abs. 11 und 12 GwG n.F. können die Aufsichtsbehörden (z. B. BaFin, aber auch die zuständigen Behörden für den Nichtfinanzsektor wie die Industrie- und Handelskammern, Steuerberaterkammern, Rechtsanwaltskammern, Landesaufsichtsbehörden) per Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung festlegen, dass bestimmte Meldungen, Anzeigen, Berichte, Anträge und sonstige Informationen ausschließlich elektronisch einzureichen sind – und welches Verfahren zu nutzen ist.
- Für den Finanzsektor: Die BaFin wird voraussichtlich die Nutzung ihrer Melde- und Veröffentlichungsplattform (MVP-Portal) verpflichtend machen. Die technische Anbindung und die Einhaltung der Formatvorgaben sind dann zwingend.
- Für den Nichtfinanzsektor: Auch hier können die jeweiligen Aufsichtsbehörden digitale Einreichungswege vorschreiben. In der Praxis ist zu erwarten, dass insbesondere größere Verpflichtete (z. B. große Immobilienmakler, Notariate, WP-Gesellschaften) von Anfang an auf digitale Meldewege verpflichtet werden. Kleinere Verpflichtete könnten ggf. noch Übergangsfristen erhalten, mittelfristig ist aber auch hier eine vollständige Digitalisierung vorgesehen.
5. Aktualisierung der Risikoanalyse und Kontrollpläne
Die neuen Melde- und Dokumentationspflichten müssen in die institutsspezifische Risikoanalyse und die internen Kontrollpläne integriert werden. Dies gilt für alle Verpflichteten – unabhängig vom Sektor.
Fazit zur digitalen Einreichung für beide Sektoren
Die Möglichkeit und Pflicht zur digitalisierten Einreichung von Dokumenten und Meldungen nach GwG wird für alle Verpflichteten geschaffen – unabhängig davon, ob sie dem Finanz- oder Nichtfinanzsektor angehören. Die konkrete Ausgestaltung (z. B. welches Portal, welches Datenformat, welche Fristen) wird durch die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde per Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung festgelegt. Für den Finanzsektor ist die Umsetzung bereits sehr weit fortgeschritten (MVP-Portal der BaFin), für den Nichtfinanzsektor werden die Aufsichtsbehörden nachziehen. Die Verpflichtung zur digitalen Einreichung kann also künftig für alle GwG-Verpflichteten verbindlich werden.
Empfehlung:
Alle Verpflichteten sollten sich frühzeitig mit den technischen und organisatorischen Anforderungen der digitalen Einreichung vertraut machen und ihre internen Prozesse entsprechend anpassen.
